Falsch beantwortete Gesundheitsfragen: Versicherungsnehmerin erhält trotzdem BU-Rente
Wer vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung falsche Angaben zu einer Vorerkrankung macht, riskiert den Verlust der Leistungen. Der Grund: Versicherer können im Ernstfall oft vom Vertrag zurücktreten. Ein Automatismus ist dies aber nicht.
Fragt eine Berufsunfähigkeitsversicherung im Versicherungsantrag nach Kopfschmerzen mit einer „Häufigkeit von mehr als zwei Mal pro Monat“, handelt ein Versicherungsnehmer nicht grob fahrlässig, wenn er folgenlos ausgeheilte Kopfschmerzen nicht angibt, die er über einen Zeitraum von zwei Monaten hatte. Das hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) vor Kurzem entschieden (Az. 16 U 107/22).
Im konkreten Fall hatte eine pharmazeutisch-technische Assistentin eine Berufsunfähigkeitsversicherung beantragt, bei den Gesundheitsfragen aber verneint, solch häufig auftretende Beschwerden zu haben.
Tatsächlich war sie im abgefragten Zeitraum jedoch in einen Busunfall verwickelt, in dessen Nachgang er etwa zwei Monate lang mit Kopfschmerzen zu kämpfen hatte.
Unklarheiten im Fragebogen gegen zulasten des Versicherers
Als die Kundin Jahre später berufsunfähig wurde und einen Leistungsantrag stellte, erkannte die Versicherung diesen zwar an. Jedoch erklärte sie wegen der verschwiegenen Kopfschmerzen nach dem Unfall ihren Rücktritt vom Versicherungsvertrag.
Der Frau suchte sich einen Rechtsanwalt, klagte – und bekam Recht.
Zwar räumte das OLG ein, dass die Kundin die Kopfschmerzen hätte anzeigen müssen. Eine „grob fahrlässige Anzeigepflichtverletzung“ konnte der Senat in ihrem Unterlassen aber nicht erkennen. Dies begründete er unter anderem mit der Art, die Fragen durch den Versicherer formuliert waren: Wenn nach Kopfschmerzen über mehr als fünf Stunden täglich und einer Häufigkeit von mehr als zwei Mal pro Monat gefragt werde, könne das durchaus so verstanden werden, als interessiere sich die Versicherung nur für chronisch wiederkehrende Schmerzen. Dass die Kundin vor diesem Hintergrund ihre Beschwerden nicht angegeben habe, sei daher zumindest nicht grob fahrlässig.
Damit war zugleich gesagt, dass der Rücktritt der Versicherung vom Vertrag unwirksam war. Da der Vertrag einen solcher Schritt bei leichter Fahrlässigkeit ausschloss, musste die Gesellschaft der Frau die vereinbarte BU-Rente zahlen.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Medizinrecht:
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