Teure Reparaturen: Wenn der Neuwert die Kostenobergrenze markiert

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Können Versicherungsnehmer von ihrer Wohngebäudeversicherung stets verlangen, dass diese nach einem Sturm für teure Reparaturen aufkommt? Oder müssen sie im Zweifel auch den Ersatz beschädigter Dinge hinnehmen, wenn die Neuanschaffung günstiger ist?

Nachdem ein schwerer Sturm über ihrem Grundstück gewütet und das Gartentor aus seinen Scharnieren gerissen hat, macht eine Frau den Schaden bei ihrer Wohngebäudeversicherung geltend. Auf Basis des Kostenvoranschlags einer von ihrer beauftragten Firma verlangte sie Ersatz von 4.790 Euro netto (5.700,10 Euro brutto).

Der von der Versicherung beauftragte Sachverständige hingegen bezifferte die erforderlichen Reparaturkosten auf 1.499,40 Euro brutto. Die niedrigere Versicherungssumme begründete der damit, dass der linke Torflügel bereits vor dem Sturm starke Verschleißerscheinungen gezeigt habe. Die Versicherung müsse daher nur für die Reparatur des rechten Flügels aufkommen.

Der Versicherungsnehmerin sah das anders. Sie vertrat die Ansicht, dass eine vollständige Erneuerung des Tores erforderlich sei, da beide Flügel mit weißen Brettern gefüllt gewesen seien und nur so ein einheitliches Erscheinungsbild hergestellt werden könne. Die Bretter seien stets gestrichen worden. Es sei daher nicht zutreffend, dass das Gartentor unter Verschleiß gelitten habe. Vielmehr sei die Farbe insgesamt durch den Sturm und herumfliegende Gegenstände und Äste abgeblättert.

(Vollständiger) Ersatz: ja. Teure Reparatur: nein

Der Fall wurde streitig. Er endete vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken mit einem Teilerfolg für die Versicherungsnehmerin. Dass die Versicherung den Schaden grundsätzlich regulieren muss, stand von Anfang an außer Frage, da das Tor gemäß der Versicherungsbedingungen als „Zaun” mitversichert war.

Auf Grundlage des in erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachtens beliefen sich die ersatzfähigen Kosten zur Wiederherstellung des Gartentors allerdings nur auf 2.450 Euro brutto. Dieser Betrag berücksichtigte die Kosten der Demontage des beschädigten Tors sowie der Montage eines neuen, baugleichen feuerverzinkten Gartentors, das den Zweck der früheren Konstruktion, ohne Rücksicht auf deren damalige Herkunft in gleicher Weise erfüllt. Damit entspreche der Ersatz dem Neuwert des Tors. Die von der Klägerin verlangte Reparatur des alten Tores für 5.700,10 Euro brutto sei hingegen unwirtschaftlich.

Im Ergebnis konnte die Versicherungsnehmerin daher sehr wohl verlangen, dass beide Flügel des Tores von der Versicherung erneuert wurden. Eine Reparatur stand ihr hingegen nicht zu, da die Neuherstellung eines gleichwertigen Tores sich kostengünstiger realisieren ließ.

In einer solchen Konstellation, so das Gericht, entsprechen die dadurch bedingten Aufwendungen wirtschaftlich gesehen dem Neuwert der Sache. Dieser stellt zugleich die Obergrenze der Entschädigung bei einer Beschädigung versicherter Sachen dar (OLG Saarbrücken – Az.: 5 U 30/22).

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