Berufsunfähigkeitsversicherung: Der ewige Streit um die „bisherige Lebensstellung“

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Seit Langem steht fest: Der Sohn soll einmal die elterliche Bäckerei übernehmen. Kurz vor dem Generationswechsel wird der Junior jedoch berufsunfähig. Die Berufsunfähigkeitsversicherung verweigert die Zahlung. Zurecht?
Berufsunfähig ist, wer voraussichtlich auf Dauer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in seinem zuletzt ausgeübten Beruf arbeiten kann. In diesem Fall muss die Berufsunfähigkeitsversicherung dem Kunden die vereinbarte Rente zahlen.
Enthält der Versicherungsvertrag eine sogenannte „konkrete Verweisung“ wird die Versicherung jedoch von der Leistung frei, wenn der Kunde trotz seiner Beeinträchtigungen einen anderen Beruf ausüben kann, der seiner Qualifikation, Erfahrung und bisherigen Lebensstellung entspricht.
Wann das der Fall ist, beurteilen Kunde und Gesellschaft aber nicht immer einheitlich. So auch in einem Fall, den vor Kurzem das Landgericht (LG) Arnsberg zu entscheiden hatte (Az: 1 O 452/29).

Von der Backstube ins Finanzamt

Konkret ging es um einen Mann, der den Bäckereibetrieb seines Vaters übernehmen sollte, dann aber sogenanntes Bäckerasthma entwickelte. Der Begriff bezeichnet eine Allergie gegen verschiedene Stoffe in der Atemluft, wie etwa Mehlstaub oder Zusatzstoffe von Backmitteln.
Angesichts sein Krankheit wurde der Mann berufsunfähig und beantragte bei seiner Versicherung eine BU-Rente. Fünf Monate später nahm er eine Stelle als Regierungsbeschäftigter im Finanzamt von Soest ein. Dort verwaltete und bearbeitete er im Wesentlichen die Gleitzeit- und Urlaubskonten der Belegschaft. Angesichts der neuen Beschäftigung verweigerte Versicherung die Zahlung und berief sich auf die konkrete Verweisung im Vertrag. Der Fall wurde streitig.

Aussicht auf Chefposten schafft noch keine besondere Wertschätzung

Vor Gericht ging vor allem um die Frage, wie die Position als künftiger Firmenchef bei der konkreten Verweisung zu bewerten ist – und darum, ob diese mit einer Anstellung im öffentlichen Dienst vergleichbar ist.
Der verhinderte Bäcker fand, dass eine neue Tätigkeit beim Amt nicht seiner bisherigen Lebensstellung entspreche und damit keinen geeigneten Verweisungsberuf darstelle. Dies gelte umso mehr, als er in naher Zukunft den väterlichen Bäckereibetrieb übernommen hätte und schon zuvor als Junior-Chef fungiert und Mitarbeiter geführt hätte.
Das Gericht teilte diese Auffassung nicht. Bei Eintritt der Berufsunfähigkeit habe der Mann vielmehr in einem Lehrberuf gearbeitet, für den er ebenso qualifiziert war, wie für seine neue Aufgabe im Finanzamt. Dass er als Sohn des Betriebsinhabers die konkrete Aussicht darauf hatte, den Betrieb zu einem späteren Zeitpunkt übernehmen zu können, sei irrelevant. Vielmehr habe der Versicherte die typischen Tätigkeiten eines mehrjährig tätigen angestellten Bäckers wahrgenommen, ohne dass er öffentlich wahrnehmbar die soziale Stellung eines künftigen Unternehmensnachfolgers bekleidet hätte.
Auch die Bezahlung im neuen Job ist mit einem Minus von 17,1 Prozent nach Ansicht des Gerichts vergleichbar mit der alten Position. Entsprechend urteilte es, dass der Versicherungsnehmer im neuen Job nicht schlechter gestellt war, als zuvor als Bäcker.
Eine BU-Rente steht ihm damit nicht zu.

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