Wann die private Krankenversicherung die Beiträge erhöhen darf – und wann nicht

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Immer wieder kippt die Rechtsprechung Klauseln, mit denen die private Krankenversicherung (PKV) ihre Beiträge anpassen. Nun war der BGH erneut am Zug – und hat seine vorangegangenen Entscheidungen präzisiert.

Während der Leistungskatalog und die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (weitgehend) vorgegeben sind, richten sich die Prämien in der privaten Krankenversicherung nach den tariflich vereinbarten Leistungen. Weichen die tatsächlichen Kosten dafür von der Kalkulation ab, können sich die Gesellschaften die Anpassung der Prämien vorbehalten.

Wann genau Allianz und Co. an der Preisschraube drehen dürfen, ist jedoch immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. So auch in einem Fall, den gerade der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden hatte.

Konkret ging es um einen Vertrag, der vorsah, dass der Versicherer zumindest einmal pro Jahr für jeden Tarif die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten abgleichen und auf dieser Basis über Prämienanpassungen entscheiden kann, wenn die Prüfung eine Abweichung von mehr als fünf Prozent ergibt.

Da das Versicherungsvertragsgesetz jedoch nur vorsieht, dass Versicherer Tarife anpassen müssen, wenn von einer längerfristigen Abweichung um mehr als zehn Prozent auszugehen ist, klagte ein Kunde gegen den Schritt.

BGH: Klausel wirkt auch zugunsten des Versicherungsnehmers

Die Karlsruher Richterinnen und Richter entschieden jedoch, dass die konkrete Klausel den Kunden nicht unangemessen benachteilige und daher wirksam ist. Dabei verwies das Gericht vor allem darauf, dass die Klausel sowohl eine Erhöhung als auch eine Senkung der Prämien erlaube, ohne den Versicherer insoweit dazu zu verpflichten.

Weil das Recht zur Beitragsanpassung vorrangig „die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gewährleisten“ soll, diene die Berechtigung zur Prämienanpassung zudem nicht der Durchsetzung eigener Interessen des Versicherers zu Lasten des Versicherungsnehmers, sondern auch den Belangen der Versichertengemeinschaft, so der BGH. Zudem führte das Gericht aus, dass die Berechtigung, Beiträge bereits unterhalb der gesetzlichen Schwellenwerte anzupassen, große Beitragssprünge vermeiden helfe. Auch das liege am Ende im Interesse des Versicherten (Az. IV ZR 347/22).

Kostensteigerungen führen nicht unmittelbar zu höheren Beiträgen

Überdies erlaube es die Klausel dem Versicherer nicht, Kostensteigerungen oder Zinsentwicklungen einseitig und „nach billigem Ermessen“ an den Versicherungsnehmer weiterzugeben. Stattdessen beschränke die Formulierung die Möglichkeit der Gesellschaft darauf, für sie ungünstige Veränderungen der Rechnungsgrundlagen durch Beitragsanpassungen auszugleichen.

„Erst wenn es – ausgelöst durch einen dieser Faktoren – überhaupt zu einer Neukalkulation kommt, werden dabei alle Rechnungsgrundlagen berücksichtigt. Nach dem aufsichtsrechtlich geregelten Prämienanpassungsverfahren führen daher Kostensteigerungen auch nicht unmittelbar zu Prämiensteigerungen oder Kostensenkungen zu Prämiensenkungen“, so der BGH.

Die Entscheidung der Bundesrichter bedeutet allerdings nicht, dass der Kunde im konkreten Rechtsstreit mit seiner Versicherung tatsächlich unterlegen ist. Denn nun muss die Vorinstanz, das OLG Rostock, noch entscheiden, ob die Beitragsanpassungen der Jahre 2013, 2015, 2017 und 2018 formell rechtmäßig waren.

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:

Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, dass Kunden fragwürdige Prämienanpassungen ihrer Versicherer kritisch hinterfragen, da diese bei einer Erhöhung der Preise nicht nur materielle, sondern auch formelle Fehler begehen können.

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