Falschberatung: Grundfähigkeits-Police ist kein Ersatz für eine Berufsunfähigkeitsversicherung

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Wer seine Arbeitskraft umfassend absichern will, darf erwarten, dass sein Makler eine BU empfiehlt. Tut er das nicht und entsteht durch die Fehlberatung eine Deckungslücke, kann der Kunde Schadenersatz verlangen.
Weil ein Makler seiner Mandantin dazu riet, ihre Berufsunfähigkeits-Police (BU) zu kündigen und gegen einen Grundfähigkeits-Vertrag einzutauschen, wurde er vom Landgericht Bamberg zu Schadensersatz verurteilt (Az.: 43 O 276/18). Im konkreten Fall hatte sich gesundheitlich bereits angeschlagene Kundin an den Vermittler gewandt und ihn darum gebeten, ihr Versicherungsportfolio zu überprüfen.
Nach Durchsicht der Unterlagen riet der Makler unter anderem dazu, eine bereits seit Jahren laufende Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abzustoßen und an deren Stelle Grundfähigkeits-Police abzuschließen. Damit könne sie Geld sparen.
Das war keine gute Empfehlung. Denn während eine BU-Versicherung in der Regel bereits zahlt, wenn versicherte Person zu mindestens 50 Prozent ihren Beruf nicht mehr ausüben kann, greift die Grundfähigkeitsversicherung nur, wenn eine laut Vertrag versicherte Grundfähigkeit – etwa Sehen, Hören, Gehen, Sprechen – zu einem bestimmten Prozentsatz beeinträchtigt ist. Der Leistungsrahmen dieses Produkts ist also deutlich enger gesteckt.

Wer sprechen und hören kann, kann deshalb noch lange nicht arbeiten

Wenig später wurde die Frau aufgrund einer psychischen Krankheit berufsunfähig. Da sie aber durch ihr seelisches Leiden nicht in einer Grundfähigkeit beeinträchtigt war, verweigerte die neue Versicherung die Zahlung. Die Kundin verklagte daraufhin den Versicherungsmakler auf Schadensersatz, weil er ihr den Unterschied zwischen den beiden Produkten nicht ausreichend erklärt habe. Hätte sie die Unterschiede gekannt, hätte sie den bisherigen BU-Schutz nicht aufgegeben.
Der Makler wehrte sich mit der Behauptung, seine Mandantin sei erstens gar nicht berufsunfähig. Zweitens habe sie den Berufsunfähigkeits-Vertrag ohnehin kündigen wollen. Das Landgericht Bamberg entschied dennoch zugunsten der Versicherungsnehmerin.

Besonders weitreichende Beratungspflicht bei Versicherungswechsel

Zunächst betonte das Gericht, dass der Makler seine Beratungspflicht in erheblichem Maße verletzt habe. Gerade bei einem Versicherungswechsel seien diese extrem weit gefasst. Das gelte umso mehr, wenn, wie hier, der bisherige Versicherungsschutz in einen existentiell bedeutsamen Bereich falle. Hier wolle ein Versicherungsnehmer in der Regel weder eine Deckungslücke noch eine Verschlechterung seines Versicherungsschutzes in Kauf nehmen.
Im vorliegenden Fall spreche es außerdem gegen den Makler, dass seine Kundin zum Zeitpunkt des Beratungsgespräches bereits zahlreiche Vorerkrankungen hatte, also nie mehr ein neue BU zu gleichen Konditionen erhalten hätte. Unter diesen Umständen hätte der Mann eine Kündigung des BU-Vertrages gar nicht erst thematisieren dürfen, da diese unweigerlich zu einer eklatanten Deckungslücke bei der Kundin führen musste.
Zudem habe der Makler angesichts der Krankheitsgeschichte der Frau damit rechnen müssen, dass sich das Risiko einer Berufsunfähigkeit früher oder später realisieren würde. Auch das Argument, die Frau habe den Vertrag von sich aus kündigen wollen, ließ das Gericht nicht gelten. Wäre das der Fall gewesen, hätte ein sorgfältig arbeitender Makler ihr ausdrücklich abraten müssen.

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