Private Unfallversicherung: So reagieren Sie richtig, wenn die Gesellschaft Geld zurück verlangt
In der privaten Unfallversicherung dürfen sowohl die Gesellschaft als auch der Kunde selbst den Invaliditätsgrad (und damit die Leistungen der Assekuranz) neu bewerten lassen. Über alles weitere lässt sich jedoch trefflich streiten. Versicherungsnehmer sollten im Ernstfall zeitnah einen Fachanwalt für Versicherungsrecht hinzuziehen.
Wie schwer ist die Beeinträchtigung nach einem folgenreichen Unfall?
Diese Frage bestimmt nicht nur den Alltag eines jeden Unfallopfers. Sie entscheidet in der privaten Unfallversicherung auch darüber, wieviel Geld der Kunde von seiner Assekuranz bekommt.
Entsprechend ist es durchaus üblich, dass Versicherungsnehmer und Versicherung den Umfang der infolge des Unfalls eingetretenen Leistungseinschränkung unterschiedlich beurteilen.
Versicherungsnehmer, die glauben, dass ihre Gesellschaft zu wenig gezahlt hat, können zwar Klage auf eine weitergehende Invaliditätsleistung zu erheben. Diesen Schritt sollte allerdings niemand voreilig unternehmen. Denn es ist durchaus denkbar, dass ein Gutachter statt eines höheren auch einen niedrigeren Invaliditätsgrad annimmt, als den ursprünglich festgelegten.
In diesem Fall (und bei standardmäßigen Neubemessungen der Invalidität durch das Unternehmen) stellt sich die Frage, ob der Versicherer die bis dahin zu viel gezahlte Invaliditätsleistung zurückfordern darf.
Keine Regel ohne Ausnahme
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu dieser Frage ist ein klares: „Ja, aber.“ Zwar haben die Karlsruher Richter das Rückforderungsrecht von Versicherungsunternehmen grundsätzlich bejaht (Az. IV ZR 20/18). Je nachdem, wie die bisherige Kommunikation mit dem Kunden aussah, kann eine solche Rückforderung aber ausgeschlossen sein, weil sie gegen das Prinzip von Treu und Glauben verstößt.
Hat die Gesellschaft bei der Abrechnung der Invaliditätsleistung zum Beispiel den Eindruck erweckt hat, dass sie deren Höhe endgültig klären wolle, und dies durch Formulierungen wie „Abschlussgutachten“ und „abschließende Abrechnung des Unfallschadens“ kundgetan, darf der Versicherungsnehmer darauf vertrauen, dass die Leistung von Dauer ist.
Auch hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Urteil vom 08.01.2020 (20 U 189/19) einen Verstoß gegen Treu und Glauben angenommen, wenn der Versicherer nach der Leistung von Vorschüssen vorbehaltlos eine Abrechnung vornimmt.
Vorsicht ist indes geboten, wenn der Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung selbst eine Neubemessung anregt, in deren Rahmen eine Verbesserung seines Gesundheitszustands gegenüber der Erstbemessung festgestellt wird. In diesem Fall, so der BGH, sei darf die Gesellschaft die Invaliditätsleistung (teilweise) zurückverlangen, auch wenn sie selbst sich eine Neubemessung nicht vorbehalten hat (Az. IV ZR 257/21).
Bei Streit mit privater Unfallversicherung zum Rechtsanwalt
Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht rät Kunden im Ernstfall dazu, sich fachkundig beraten zu lassen. Denn ob und wann ein Versicherungsnehmer Rückforderung seiner Gesellschaft erfüllen und den Differenzbetrag zwischen der tatsächlich gezahlten und der geschuldeten Invaliditätsleistung erstatten muss, ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig. Bei Streitigkeiten über die Höhe der Invaliditätsleistung sollten Kunden sich sich daher nicht nur genau das Schreiben zu Erstregulierung ansehen, sondern auch umgehend einen spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen, um ihrer privaten Unfallversicherung auf Augenhöhe begegnen zu können.
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