Gesetzliche Unfallversicherung: Mobbing-Folgen als Berufskrankheit?
Wer unter fiesen Attacken seiner Kollegen leidet und deshalb nicht mehr arbeiten kann, darf nicht auf die gesetzliche Unfallversicherung hoffen, sondern braucht eine private BU.
Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Arbeitsunfall zu Schaden kommt oder unter einer Berufskrankheit leidet. Ob eine solche Berufskrankheit vorliegt, ergibt es sich aus der Liste anerkannter Berufskrankheiten, die stetig aktualisiert wird. Eigentlich.
Denn teilweise werden auch solche Krankheiten als Berufskrankheit anerkannt, die nicht auf der Liste stehen – und zwar dann, wenn neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft darauf hinweisen, dass ein Arbeitnehmer durch seinen Job „in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung“ der Gefahr einer bestimmten Erkrankung ausgesetzt ist. Doch wann ist das der Fall?
Fiese Kollegen als Verursacher einer Berufskrankheit
Diese Frage musste vor kurzem das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München entscheiden. Im konkreten Fall ging es um einen Pastoralreferenten, der von 2006 bis 2012 bei einer italienisch-katholischen Gemeinde in Deutschland tätig war.
Der Mann leidet heute an einer Depression und einer posttraumatischen Belastungsstörung, die so schwer wiegt, dass er als schwerbehindert gilt. Seine Krankheit führt er auf die anhaltenden Schikanen zurück, denen er bei seiner Arbeit in der Gemeinde ausgesetzt war. Entsprechend beantragte er bei der gesetzlichen Unfallversicherer, die psychischen Folgen des erlittenen Mobbings als Berufskrankheit anzuerkennen.
Gegen den ablehnenden Bescheid klagte er – allerdings ohne Erfolg.
Ist die Arbeit für eine Kirche potenziell gesundheitsschädlich?
Die LSG-Richter urteilten im Sinne der Versicherung und befanden: Eine psychische Erkrankung durch Mobbing gilt nicht als Berufskrankheit, weil sie nicht in der Berufskrankheiten-Verordnung und der dazugehörigen Berufskrankheiten-Liste aufgeführt ist (Az. L 3 U 11/20).
Auch könne das Leiden des Pastoralreferenten nicht „wie“ eine Berufskrankheit anerkannt werden. Dafür nämlich müsse der Versicherte einer Personengruppe angehören, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung schädlichen Einwirkungen ausgesetzt sei. Es gebe aber keine medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse, wonach Kirchenmitarbeiter aufgrund ihres Berufsbildes besonders häufig Einwirkungen ausgesetzt sind, die zu psychischen Erkrankungen führen können.
Krankheit ja, Berufskrankheit nein
Der Argumentation des Mobbingopfers, genau dies sei der Fall, da kirchliche Arbeitnehmer systemimmanent eine schlechte Mitarbeitervertretung hätten, folgte das Gericht nicht. Der Pastoralreferent konnte daher keine Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen. Ist er wegen seiner schweren psychischen Leiden dauerhaft oder vorübergehend nicht mehr in der Lage, seinen Beruf auszuüben, muss vielmehr – so vorhanden – die private Berufsunfähigkeitsversicherung einspringen.
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