Zeckenstich: Wann die Unfallversicherung zahlt – und wo es Probleme geben kann
Viele Anbieter versichern inzwischen die Folgen von Zeckenstichen im Rahmen des „erweiterten Unfallbegriffes“. Doch nicht alle Betroffenen können davon profitieren, wie ein aktuelles Urteil des Landgericht Frankfurt/M. belegt.
Ein Unfall im Sinne der privaten Unfallversicherung liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Moderne Verträge leisten allerdings mehr. Sie verwenden den sogenannten „erweiterte Unfallbegriff“. Unter ihn fallen auch dem Unfall gleichgestellte Ereignisse, wie etwa eine erhöhte Kraftanstrengung. Wer umknickt und sich ein Gelenk verrenkt oder Muskeln, Sehnen und Bänder schädigt, kann daher ebenfalls Leistungen aus seiner Versicherung verlangen. Auch unfreiwilliges Erfrieren, Ersticken oder Ertrinken“ sowie die Folgen eines Zeckenstichs sind über den erweiterten Unfallbegriff oft versichert.
Allerdings entscheidet nicht nur die Frage, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein Versicherungsnehmer nach einem Unfall davonträgt, ob die Gesellschaft zahlt. Wer Leistungen beansprucht, muss sich auch an gewisse Zeitvorgaben halten.
Lässt der Versicherungsnehmer hingegen wichtige Fristen verstreichen, kann es sein, dass er leer ausgeht, obwohl er unstreitig unter den Folgen eines versicherten Unfalls leidet. So auch in einem Fall, den unlängst das Landgericht (LG) Frankfurt am Main entscheiden musste (Az: 2-30 O 229/21)
Invalidität erst Jahre nach dem Zeckenstich
Konkret ging es um einen Mann, der im Frühjahr 2017 von einer Zecke gestochen worden und in der Folge an Borreliose erkrankte. Dass er wegen des Parasiten möglicherweise eine gefährliche Infektion hatte, wusste der Mann jedoch lange nicht. Vielmehr gab er an, dass er im Frühjahr unter der Dusche einen verkrusteten Pickel bemerkt und aufgekratzt zu haben. Diesem Ereignis habe er keine weitere Bedeutung zugemessen.
Als er wenig später Fieber und heftige Kopf- sowie Hals- und Gliederschmerzens bekam sowie einen Hörsturz erlitt, waren auch die Ärzte zunächst ratlos. Erst im Juli des Folgejahres Jahres erhielt der Mann nach einer Laboruntersuchung die Diagnose Borreliose. Im Juni 2020 bescheinigte ein Arzt dem Mann schließlich Invalidität.
Daraufhin verlangte er 50.000 Euro von seiner Unfallversicherung. Diese lehnte ab und verwies auf ihre Versicherungsbedingungen. Diese verlangte für eine Leistung, dass
- die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sein muss,
- innerhalb von drei Jahren nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und
- innerhalb von drei Jahren nach dem Unfall bei der Versicherung geltend gemacht werden muss.
Diese Voraussetzungen habe der Kunde nicht erfüllt, da sein Arzt ihm erst drei Jahre nach dem Unfall eine Invalidität attestiert hatte.
Maßgeblich für den Fristbeginn ist der Unfall
Der Kunde hielt dagegen und verwies darauf, dass die Borreliose erst im Jahr 2018 diagnostiziert worden war – die Frist sei somit nicht abgelaufen.
Das Frankfurter Landgericht folgte dieser Sichtweise allerdings nicht. Maßgeblich für den Fristbeginn sei stets der Unfall. Damit sei in diesem Fall zwar nicht der Zeckenstich, wohl aber der Ausbruch der Krankheit im April 2017 zu verstehen. Da dieser Termin mehr als drei Jahre vor der Invaliditätsbescheinigung liege, blieb die Versicherung leistungsfrei.
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