Verletzung durch Rettungsdienst: Rentnerin erkämpft sich Schmerzensgeld

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Wer unterwegs ist, um Leben zu retten, genießt (aus gutem Grund) weitreichende Sonderrechte. Doch es gibt Grenzen, wie ein aktuelles Urteil belegt.

Ob mit Blaulicht über die rote Ampel oder mit hohem Tempo durch die Innenstadt: Wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden zu verhindern, dürfen Rettungsdienste gegen viele Regeln verstoßen, die die Straßenverkehrsordnung für Otto-Normalverbraucher aufstellt: Zudem müssen die anderen Verkehrsteilnehmer ihnen Vorfahrt gewähren und Platz machen, um den Einsatz nicht zu verzögern.

Doch was gilt, wenn ein unbeteiligter Verkehrsteilnehmer dadurch zu Schaden kommt, dass ein Rettungswagen im Einsatz eben jene Sonderrechte nutzt? Diese Frage musste unlängst das Oberlandesgerichts Oldenburg beantworten (Az.: 2 U 20/22).

Wenn Retter andere verletzen

Im konkreten Fall ging es um den Fahrer eines Rettungswagens, der während seines Einsatzes mit Blaulicht und Martinshorn auf einer engen Straße mehrere Radfahrer überholen wollte. Unter ihnen war eine 72-jährige Frau. Ihr war die Sache nicht geheuer. Sie fürchtete eine Kollision mit dem heranrasenden Fahrzeug, so dass sie, um dem Wagen Platz zu machen, hektisch von ihrem Fahrrad stieg und sich dabei den Knöchel brach. Daraufhin müsste die Seniorin zwei Wochen einen Gipsverband tragen und den Fuß zwei weitere zwei Monate mit einem speziellen Strumpf stützen.

Sie klagte auf Schmerzensgeld.

In der ersten Instanz hatte die streitbare Radfahrerin keinen Erfolg: Das Landgericht Aurich lehnte eine Haftung des Rettungsdienstes ab. Die zweite Instanz, das Oberlandesgericht Oldenburg bewertete den Fall hingegen anders. Der Senat entschied, dass sich bei dem Vorfall die sog. Betriebsgefahr des Rettungswagens verwirklicht habe. Darunter versteht man die Gefahr, die dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges typischerweise zu eigen ist. Zwar sei es im konkreten Fall nicht zu einem Zusammenstoß gekommen. Der Rettungswagen habe aber dennoch zu dem Unfall und damit zur Verletzung der Radfahrerin beigetragen, da er deren Ausweichmanöver und auch das abrupte Absteigen der Frau von ihrem Rad verursacht habe.

Jedes Kraftfahrzeug ist potenziell gefährlich

Ein Schaden sei bereits dann „beim Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich die von dieser ausgehenden Gefahr überhaupt ausgewirkt habe. Diese Voraussetzung sei vorliegend erfüllt: Die verletzte Rentnerin habe die Verkehrslage zu Recht als gefährlich eingeschätzt und sei deswegen abgestiegen.

Im Ergebnis hielt das Gericht eine Haftungsquote von 20 Prozent für angemessen und sprach der Radfahrerin ein Schmerzensgeld von 2.400 Euro zu. Darüber hinaus erhält sie auch ihren materiellen Schaden zu 20 Prozent ersetzt, ebenso wie die Kosten für ihren Rechtsanwalt.

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