Unfallversicherung: Wenn ein Glas zu viel den Versicherungsschutz kostet

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Fahren unter Alkoholeinfluss ist generell nicht zu empfehlen. Besonders bitter wird es aber, wenn der Betrunkene einen folgenschweren Unfall baut. Dann stellt sich unter anderem die Frage: Muss die Unfallversicherung bezahlen?


Motorradfahren ist ein riskantes Hobby, erst recht, wenn man sich mit reichlich Promille auf die Maschine setzt. Nicht nur die Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ist dann immens – wenn es zu einem Unfall kommt, leiden meist auch die Unglückspiloten selbst unter den Folgen.
Diese Erfahrung machte auch ein Mann aus Sachsen, der sich in einer Sommernacht im Jahr 2017 zu einer Überlandfahrt aufmachte. In einer leichten Rechtskurve verlor er die Kontrolle über seine Maschine, kam von der Straße ab und landete in einem angrenzenden Feld, wo er sich mehrfach überschlug. Wegen seiner schweren Verletzungen brachte ihn ein Rettungswagen ins Klinikum Görlitz. Dort führten die Ärzte zur Vorbereitung der erforderlichen Operation einen Alkoholtest durch. Ergebnis: eine Blutalkoholkonzentration von 1,04 Promille.
Dessen ungeachtet wandte sich der Mann im Nachgang des Vorfalls an seine Vermögensversicherung, die auch einen Unfallschutz enthielt und verlangte mehr als 800.000 Euro sowie die Auszahlung einer monatlichen Invalidenrente von 1.391,14 Euro.

Wann ist ein Rausch eine Bewusstseinsstörung?

Die Versicherung verweigerte die Leistung und verwies auf ihre Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), wonach Unfälle der versicherten Person durch Bewusstseinsstörungen nicht versichert sind.
Wörtlich heißt es dort: „Eine Bewusstseinsstörung liegt vor, wenn die versicherte Person in ihrer Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit so beeinträchtigt ist, dass sie den Anforderungen der konkreten Gefahrenlage nicht mehr gewachsen ist.“ Als Ursachen für eine Bewusstseinsstörung wird explizit Alkoholkonsum genannt, etwa, wenn die versicherte Person unter Alkoholeinfluss mit dem Fahrzeug von der Straße abkommt.
Der verunglückte Motorradfahrer ließ das nicht gelten. Er argumentiert, dass er weniger als 1,1 Promille gehabt habe, die Rechtsprechung aber erst ab diesem Wert von einer absoluten Fahruntüchtigkeit ausgehe, die wiederum auf das Vorliegen einer anspruchsausschließenden alkoholbedingten Bewusstseinsstörung schließen lasse.
Zwar räumte der Mann „eine Alkoholisierung gewissen Grades“ ein. Die absolute Fahruntüchtigkeit verneinte er aber ebenso wie das Vorliegen einer Bewusstseinsstörung. Als die Gesellschaft immer noch nicht zahlte, klagte er sich durch bis zum Oberlandesgericht Dresden –ohne Erfolg.

Hart an der Grenze

In seinem Beschluss bestätigte der Senat zwar, dass es bei einem Alkoholisierungsgrad unterhalb von 1,1 Promille weiterer äußerer Anzeichen bedürfe, um eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit als Voraussetzung einer bedingungsgemäßen Bewusstseinsstörung anzunehmen. Die Anforderungen seien aber umso geringer, je stärker sich der Blutalkoholgehalt der Grenze von 1,1 Promille annähere.
Mit einem Alkoholwert von 1,04 Prozent habe der Kläger sehr nahe an der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit gelegen. Da er zudem in einer leichten, gut einsehbaren Kurve bei trockener Straße von der Bahn abgekommen sei, sei ein alkoholtypischer Fahrfehler zu vermuten. Auch sei anerkannt, dass das Abkommen von der Fahrbahn durch einen alkoholisierten Fahrer bei einfacher Fahrsituation für eine relative Fahruntüchtigkeit des Fahrers spreche. Aus rechtsmedizinischer Sicht seien auch das zu späte Erkennen einer Kurve und die Fehleinschätzung von Kurvenverlauf und -radius alkoholtypische Fehlleistungen. Entsprechend bestehe kein Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung (OLG Dresden, Az: 4 U 2144/21)

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht in Hanau:

Fahrten unter Alkoholeinfluss kann neben versicherungsrechtlichen auch strafrechtliche Folgen haben: Zwischen 0,3 und 1,09 Promille liegt bereits eine Straftat vor, wenn der Fahrer sogenannte alkoholtypische Ausfallerscheinungen zeigt, also zum Beispiel Schlangenlinien fährt oder, wie hier, einen typischen Unfall baut. Ab 1,1 Promille ist die Trunkenheitsfahrt unabhängig von etwaigen Ausfallerscheinungen des Fahrers strafbar.

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