AXA Krankenversicherung muss kieferorthopädische Behandlung auch im Erwachsenenalter zahlen
Wegen einer genetischen Besonderheit fehlen einem Jungen acht Backenzähne. Seine private Krankenversicherung kommt zunächst für die Behandlung auf, verweigert aber die Bezahlung für eine später erforderliche Folgetherapie – zu Unrecht.
Wenn einem Kind in jedem Kiefer vier Zahne fehlen, ist das nicht nur ein optisches Beeinträchtigung: Ohne kieferorthopädische bzw. zahnmedizinische Korrekturen kann es zu Schwierigkeiten beim Kauen und medizinischen Folgeproblemen kommen.
Dies attestierte eine Zahnärztin auch dem Mandanten von Fachanwalt für Versicherungsrecht Jürgen Wahl in Hanau. Der Mann war wegen seiner fehlenden Molaren schon als Kind in kieferorthopädischer Behandlung. Wegen der großen Lücken empfahl die Kieferorthopädin schon damals, im Anschluss an die kieferorthopädische Behandlung eine Versorgung mit Implantaten in allen vier Quadranten. Diese sei medizinisch notwendig, könne aber erst erfolgen, nachdem das Skelettwachstum des Jungen abgeschlossen sei.
Vorausschauende Planung
Zu gegebener Zeit ließ der Patient diese Behandlung denn auch auf Kosten der Axa durchführen, es stellte sich jedoch heraus, dass im Nachgang weitere kieferorthopädische Maßnahmen erforderlich waren, um das Gebiss voll funktionsfähig zu machen.
Entsprechend reichte der Patient auch den Heil- und Kostenplan für die Folgetherapie bei der Axa ein. Die allerdings lehnte die Übernahme der Kosten ab, da der Patient inzwischen volljährig geworden war und die Versicherung grundsätzlich nur für kieferorthopädische Behandlungen aufkommen müsse, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres geplant und begonnen wurden. Zudem habe der Patient zwischenzeitlich eine Ausbildung begonnen und sei deshalb nun gesetzlich versichert.
Der Fall wurde streitig. Vertreten durch Rechtsanwalt Jürgen Wahl gewann der Patient das Verfahren und erhielt seine Behandlungs- und Anwaltskosten von der Krankenversicherung ersetzt.
Folgetherapie gehört zum ursprünglichen Behandlungsfall
Das Amtsgericht Seligenstadt berief sich in seinem Urteil unter anderem auf die Definition des Begriffs des Versicherungsfalls in den Versicherungsbedingungen der Axa. Ein solcher sei definiert als die „medizinisch notwendige Heilbehandlung eines Versicherten wegen Krankheit.“ Dabei beginne der Versicherungsfall mit der Behandlung und ende, wenn der Befund der Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr bestehe.
Nach Auffassung des Gerichts lag angesichts der Umstände des Falles hier ein Versicherungsfall vor – unabhängig von der zwischenzeitlich eingetretenen Volljährigkeit des Patienten und dessen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die kieferorthopädische Behandlung sei unstreitig eine Folgebehandlung der vorangegangenen zahnmedizinischen Versorgung mit Implantaten. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus den Einlassungen der Behandlerin, die bereits zu einem frühen Zeitpunkt darauf hingewiesen hatte, dass die Versorgung des Patienten sich erst nach Ende des Skelett-Wachstums abschließen lasse. Diese Ausführungen waren der Axa von Anfang an bekannt.
Die Krankenversicherung hatte daher kein Recht, die Kostenübernahme zu verweigern und musste bezahlen (Amtsgericht Seligenstadt, Az. 1 C 230/21 (3).
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