Reproduktionsmedizin: Müssen Krankenversicherungen die Kosten übernehmen?
Wenn Ärzte „nicht notwendige Heilbehandlungen“ erbringen, verweigern auch private Krankenversicherungen immer häufiger die Kostenerstattung. Gerade im sensiblen Bereich der Kinderwunsch-Medizin kommen sie damit längst nicht immer durch.
Die Zahlen sind schwer zu ermitteln. Konservative Schätzungen gehen aber davon aus, dass in Deutschland etwa jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos bleibt. Moderne Medizin kann diesen Menschen zwar helfen. Doch die Kosten für eine künstliche Befruchtung sind hoch. Entsprechend sind die Krankenversicherungen nicht immer ohne Weiteres bereit, sich an den Ausgaben zu beteiligen.
Immerhin. Gesetzliche Versicherte, die die Voraussetzungen erfüllen, erhalten für viele gängige Methoden einen Zuschuss. Allerdings müssen sie zunächst einen Behandlungs- und Kostenplan bei ihrer Kasse einreichen. Erst wenn dieser genehmigt ist, können die Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung beginnen. Sind die Partner bei unterschiedlichen Kassen versichert, muss jeder der beiden bei seiner Kasse einen Plan einreichen.
Kasse zahlt nur für verheiratete Heterosexuelle – und auch nur zum Teil
Damit die AOK & Co. sich an den Kosten beteiligen, muss das Paar zudem heterosexuell und verheiratet sein, die Frau muss zwischen 25 Jahre und 39 Jahre sein. Beim Mann liegt die Obergrenze bei 49 Jahren. Die Unfruchtbarkeit des Paares muss zudem ärztlich festgestellt sein.
Ist das der Fall, tragen die Kassen die Kosten der folgenden Verfahren jeweils zur Hälfte.
- acht Inseminationen ohne Hormonstimulation,
- drei Inseminationen mit vorheriger Hormonbehandlung,
- drei Versuche einer In-Vitro-Befruchtung oder ICSI Behandlung kommen die Kassen hingegen nicht auf. Auch das Einfrieren von bereits befruchteten Eizellen ist keine Kassenleistung.
Private Versicherungen müssen (zum Teil) auch länger leisten
Anders stellt sich die Situation – je nach Vertrag und Gesellschaft – bei privaten Krankenversicherungen darf. So hat der BGH vor Kurzem entschieden, dass sie zum Teil auch die die Behandlung von älteren Frauen bezahlen müssen. Ein statistisch gesehen höheres Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, sei für sich allein noch kein Grund, die Übernahme der Kosten abzulehnen (Az. IV ZR 323/18).
In konkreten Fall ging es um eine 44-Jährige Patientin, deren Mann auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen konnte. Seine private Krankenversicherung hatte die Kosten für die Behandlung nicht übernehmen wollen (rund 17.500 Euro) und mit dem Alter der Frau argumentiert. Fehlgeburten kämen in dieser Altersgruppe häufiger vor.
Die Karlsruher Richter stuften die vier Versuche einer künstlichen Befruchtung wegen der Probleme des Mannes als medizinisch notwendige Heilbehandlung ein. Entscheidend allein, dass die Behandlung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einer Schwangerschaft führen könne. Wie diese weiter verlaufe, habe keine Rolle zu spielen.
Etwas anderes könne nur gelten, wenn es wegen individueller Gesundheitsbeeinträchtigungen der Eltern unwahrscheinlich sei, dass das Kind lebend zur Welt komme. Dafür sah der BGH hier aber keine Anhaltspunkte. Die Versicherung musste die Kosten deshalb weitgehend übernehmen.
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