Selbst zu Unrecht gezahlte Leistungen darf die Versicherung nicht immer zurückfordern

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Stellt sich im Rechtsstreit über eine (vermeintlich zu niedrige) Invaliditätsleistung heraus, dass gar keine unfallbedingte Invalidität vorliegt, kann es der Versicherung dennoch verboten sein, bereits geleistete Zahlungen zurückzuverlangen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken entscheiden und damit den Vertrauensschutz von Versicherungsnehmern deutlich gestärkt (Az. 5 U 68/23).

Konkret ging es um den Fall einer Frau, die sich an ihre Versicherung wandte, weil ihr linkes Bein nach einem Unfall nur noch eingeschränkt funktionsfähig war. Die Assekuranz prüfte den Fall und überwies der Kundin 10 000 Euro. Diese Summe reichte der Versicherungsnehmerin allerdings nicht. Sie klagte auf Zahlung weiterer 25 000 Euro. Das Argument: Ihr stünden wegen der Beeinträchtigung des linken Beines mindestens 40 Prozent des sogenannten Beinwertes zu.

Die Versicherung sah das anders und drehte den Spieß um: Nicht nur verweigerte sie die zusätzliche Zahlung. Sie verlangte jetzt auch die bereits geleistete Summe zurück, da Sachverständige im Rahmen des Rechtsstreits zu dem Ergebnis gekommen waren, dass der Unfall der Frau zu keinerlei dauerhafter Beeinträchtigung des Beines geführt habe.

Beide Forderungen gehen ins Leere

Vor dem OLG Saarbrücken konnte sich allerdings keiner der Beteiligten mit seiner Forderung durchsetzen.

Das Gericht befand, zunächst, dass der Versicherungsnehmerin keine weitere Leistung zustehe, da der Unfall nicht zu einer dauerhaften Schädigung des Beines geführt habe.

Doch auch der Versicherer verlor. Das Gericht führte aus, dass selbst die Rückforderung zu Unrecht geleisteter Zahlungen nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein könne. Voraussetzung dafür sei, dass der Versicherer zuvor deutlich gemacht hatte, die festgestellte Invalidität dem Grunde nach nicht mehr in Zweifel zu ziehen. Dadurch könne beim Kunden das berechtigte Vertrauen auf die Bestandskraft Entscheidung entstehen.

Im konkreten Fall war genau diese Voraussetzung erfüllt: Die Versicherung hatte der Klägerin kurz nach dem Unfall mitgeteilt, dass sie von einer dauernden unfallbedingten Beeinträchtigung des linken Beines in Höhe von 25 Prozent ausgehe und diese Einschätzung auch in einem späteren Schreiben noch einmal bestätigt.

Das sagt der Fachanwalt für Versicherungsrecht:

Die Entscheidung des OLG Saarbrücken ist erfreulich. Versicherungsnehmer müssen darauf vertrauen können, dass die Zusagen ihres Versicherers Bestand haben. Dies gilt umso mehr, als die Unternehmen Verbrauchern grundsätzlich in Sach- und Rechtskunde überlegen sind. Wenn also eine Gesellschaft in mehreren aufeinanderfolgenden Schreiben deutlich macht, dass sie von einer unfallbedingten Invalidität ausgeht und entsprechend eine Zahlung veranlasst, muss der Kunde sich darauf verlassen können, dass er das Geld behalten darf.

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