Epilepsie: Schon kurze Aussetzer führen zur Berufsunfähigkeit einer Kosmetikerin

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Wer als Kosmetikerin und Nageldesignerin arbeitet, hantiert nicht nur mit scharfem Werkzeug. Auch der Einsatz von mehr oder minder aggressiven Substanzen gehört zum Alltag in der Beauty-Industrie. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wann bei einer Kosmetikerin eine Berufsunfähigkeit vorliegt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken vertritt hierzu eine klare Linie. Es entschied:  Leidet eine als Kosmetikerin und Fußpflegerin tätige Versicherungsnehmerin an einer Epilepsie, die zu unvorhersehbaren sekundenweisen Absencen und Verkrampfungen führt, ist sie berufsunfähig und kann von ihrer Gesellschaft die Zahlung der vereinbarten BU-Rente verlangen (OLG Saarbrücken, Az.: 5 W 69/13).

Welche gesundheitlichen Einschränkungen machen eine Kosmetikerin berufsunfähig?

Im konkreten Verfahren hatte eine Kosmetikerin, die in gesunden Tag etwa 70 Prozent ihrer Arbeitszeit auf Nagelmodellagen und 30 Prozent auf sonstige kosmetische und fußpflegerische Tätigkeiten verwandt hatte, eine Rente wegen Berufsunfähigkeit beantragt. Sie argumentierte, ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen zu können, da sie aufgrund einer Epilepsie immer wieder unvorhersehbare neurologische Aussetzer von mehreren Sekunden habe.

Teilweise träten diese Attacken bis zu 20-mal pro Tag auf.  Da die Kosmetikerin während dieser Phasen gedanklich „den Faden verliere“ und nicht mehr wisse, was sie gerade tue, sei bereits vorgekommen, dass sie während ihrer Aussetzer ihr Werkzeug entweder fallen lasse oder krampfhaft festhalte. Es bestehe dann die Gefahr, dass Kunden während der Behandlung verletzt würden.

Eine medikamentöse Behandlung, die mit starken Nebenwirkungen verbunden gewesen sei, habe keine Besserung gebracht. Sie könne deshalb ihre Kerntätigkeit als Kosmetikerin nicht mehr ausüben und sei berufsunfähig.

Der Versicherer sah das anders.  Angesichts der nur wenige Sekunden andauernden Ausfallzeiten sei die Kosmetikerin nicht dauerhaft daran gehindert, ihrem Beruf weiter nachzugehen und folglich auch nicht berufsunfähig.

Nachdem er sich mit dieser Argumentation in der ersten Instanz noch durchsetzen konnte, wendete sich das Blatt vor dem OLG. Dieses entschied zugunsten der Kosmetikerin.

Eine Kosmetikerin muss ihre Feinmotorik im Griff haben

Der Senat argumentierte unter anderem damit, dass der Beruf eine Fußpflegerin und Kosmetikerin zwangsläufig den Umgang mit Scheren, Feilen, Pinzetten und ähnlichen Instrumenten umfasse. Dadurch bestehe, auch während einer kurzen Ausfallzeit, die nicht vertretbare Gefahr von womöglich schwereren Körperverletzungen und eine Berufsunfähigkeit. Dessen ungeachtet würde aber auch bei der Gefahr lediglich leichter Verletzungen nichts anderes gelten.

Da die Berufsunfähigkeitsversicherung zudem kein „Unmittelbarkeitserfordernis“ kennt, wäre nach Auffassung des OLG eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit sogar dann anzunehmen, wenn die Kunden infolge der von der Kosmetikerin beschriebenen Irritationen ausblieben.

Da es sich bei den Arbeiten am Kunden zudem um prägende Tätigkeiten im Beruf einer Kosmetikerin handele, sei es auch unerheblich, welchen zeitlichen Anteil diese an der Gesamttätigkeit einnehmen und welche der übrigen, der Kerntätigkeit untergeordneten Verrichtungen – wie Wareneinkauf, Buchhaltung, Terminplanung, Reinigungstätigkeiten etc. – die Frau auch mit ihren Beschwerden noch ausführen kann. In ihrem eigentlichen Job als Kosmetikerin war die Versicherungsnehmerin damit berufsunfähig.

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:

Die Entscheidung des OLG Saarbrücken veranschaulicht, wie wichtig es ist, die für ein bestimmtes Berufsbild prägenden Tätigkeiten genau zu beschreiben, um eine Berufsunfähigkeit zu begründen. Mit meiner langjährigen Erfahrung im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung unterstütze ich Sie gerne, Ihre Ansprüche gegenüber Ihrer Gesellschaft durchzusetzen.

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